Solingen- Experte: Muslime gegen Islamismus gefragt

Nach dem mutmaßlichen islamistischen Terroranschlag von Solingen fordert Islamexperte Mouhanad Khorchide ein stärkeres Engagement der muslimischen Gemeinschaft gegen Islamismus. Der deutsche Autor und Islamexperte Ahmad Mansour kritisierte die deutsche Einwanderungspolitik.
Distanzierung allein reiche nicht, sagte Khorchide, Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der deutschen Universität Münster, am Montag dem Sender Welt TV. Dringend benötigt würden Maßnahmen, die Teil der Lösung sein könnten.
„Die Moscheegemeinden müssen sich neu erfinden“, forderte Khorchide. Er regte an, Social-Media-Projekte ins Leben zu rufen, um gezielt junge Muslime zu erreichen. Auf diesem Feld gebe es große Versäumnisse, die Islamisten ausnutzten. Das müsse sich ändern.
„Nicht nur reagieren“
„Man darf nicht nur reagieren, bis der nächste Anschlag passiert“, betonte der Experte. Es gehe darum, dem antiwestlichen Narrativ radikaler Islamisten etwas entgegenzusetzen. Schließlich biete der Westen auch Muslimen große Vorteile. „Viele bekommen hier Rechte, von denen sie in ihren Heimatländern nur träumen können“, sagte Khorchide. Doch dazu gebe es bisher keine effektive „innermuslimische Aufklärung“.

„Werden nicht ganze Welt retten können“
Der deutsche Autor und Islamexperte Ahmad Mansour kritisierte die deutsche Einwanderungspolitik. Er habe in der Vergangenheit nicht die nötige Entschlossenheit im Kampf gegen Islamismus gesehen, sagte er im Interview mit dem Sender WDR5. Zwar sei es richtig, Menschen zu helfen, die vor Krieg fliehen, so Mansour. Wichtig seien jedoch bessere Kontrollmöglichkeiten, um Personen an der Einreise zu hindern, die terroristische Anschläge begehen wollten. „Wir werden nicht die ganze Welt retten können.“

Am Freitagabend waren bei einem Stadtfest in Solingen drei Menschen mit einem Messer getötet worden. Acht Menschen wurden verletzt, vier davon schwer. Mutmaßlicher Täter ist ein 26-jähriger Syrer. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Mordes und wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Der Tatverdächtige sitzt seit Sonntagabend in Untersuchungshaft.
Extremismusforscher sieht Versäumnisse
Mansour forderte weiter: „Es ist Aufgabe der Politik, die Bevölkerung zu schützen”. Die Atmosphäre und Stimmung sei von massiver Verunsicherung geprägt. Der Extremismusforscher sieht Versäumnisse, wenn es darum geht, eingewanderte Menschen in Deutschland zu integrieren.“ Auch Menschen, die zunächst mit guten Absichten gekommen seien, „könnten in Parallelgesellschaften geraten und sich dann radikalisieren“.
Dies sei eine Folge davon, dass sich niemand um sie kümmere und die Kommunen überfordern seien. „Es geht nicht um die Zahl der Leute, die nach Deutschland kommen, sondern es geht um die Qualität der Integrationsfähigkeit einer Gesellschaft“, sagte der Islamexperte.
Mansour wuchs als Palästinenser in Israel auf, er widmet sich in sozialen Projekten unter anderem dem Kampf gegen Extremismus. Dabei begleitet er Familien von radikalisierten Jugendlichen, Aussteigern und verurteilten Terroristen.