Kanzler: „Wir müssen noch viel mehr abschieben“

ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer zeigt im Gespräch mit der „Krone“ auf, wie schwierig es ist, Abschiebungen durchzuführen. Vor allem auf EU-Ebene sei jetzt ein Umdenken gefragt.
Abschiebungen sind nach dem Attentat in der deutschen Stadt Solingen viel diskutiert. Denn der Attentäter hätte nach Bulgarien rückgeführt werden sollen, aber er tauchte vor der Polizei unter. Ist die Politik bei diesem Problem einfach machtlos? De „Krone“-Leser fordern klar ein härteres Vorgehen – vor allem bei Gesetzesverstößen.
„Krone“: Herr Nehammer, in Deutschland konnte der Attentäter von Solingen nicht rückgeführt werden, nun hat er drei Menschen getötet. Gibt es bei manchen Themen einfach eine Ohnmacht in der Politik?
Karl Nehammer: Wir schöpfen alle Möglichkeiten aus, um Menschen, die Straftaten begangen haben oder keinen Aufenthaltstitel haben, außer Landes zu bringen. Wir liegen dieses Jahr bei 13.000 Außerlandesbringungen. Das ist noch nicht gut genug, wir müssen noch viel mehr abschieben. Da braucht es große Rückführungsabkommen vonseiten der Union, die mit Wirtschaftsabkommen verbunden sein müssen. Denn es hilft nichts, ohne die Kooperation anderer Länder kann ich keine Rückführungen machen. Es ist das eine, den Straftäter auszuforschen, zu verurteilen, aber wenn ich kein Partnerland habe, das ihn zurücknimmt, kann ich ihn nicht abschieben. Außerdem braucht es Asylverfahren in Drittstaaten.
Abschiebungen nach Afghanistan sind kaum möglich. Wie schaut es mit Syrien aus?
Wir sind für ein Rückführungsabkommen nach Syrien. Die derzeitige Herausforderung ist, dass die europäische Asylagentur Abschiebungen nach Syrien noch nicht freigegeben hat, und wir müssen uns an europäisches Recht halten. Das ist der Grund, warum Österreich in allen EU-Gremien Druck aufbaut, damit hier ein Umdenken stattfindet. Zu Afghanistan: Es wird nicht notwendig sein, mit den Taliban direkt zu verhandeln. Wir waren in der EU die Ersten, die Abschiebungen in Nachbarländer, nach Afghanistan gefordert haben. Da wurden wir von vielen noch ausgelacht. Deutschland ist nun auf unserer Seite. Das sind die ersten Schritte in die richtige Richtung.